Finanzamt darf in der Wohlverhaltensphase aufrechnen
Nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer natürlichen Person (Schuldner) kann das Insolvenzgericht feststellen, dass der Schuldner nach Ablauf einer bestimmten Zeit, der so genannten Wohlverhaltensphase, und bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen eine Restschuldbefreiung erlangt.
Während dieser Zeit ist die Aufrechnung von Gläubigern dieses Schuldners mit alten Forderungen nur eingeschränkt möglich. Das Finanzamt darf allerdings mit Steuerforderungen gegen den Schuldner, die aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens stammen, aufrechnen, wie jetzt das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in zwei Urteilen vom 25.08.2010 (Aktenzeichen 12 K 2060/08 und 12 K 12109/09) entschied.
In diesen Fällen hatte der Kläger, der nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ein neues Unternehmen gegründet hatte, aus dieser Tätigkeit während der Wohlverhaltensphase verschiedene Steuererstattungsansprüche erlangt. Das Finanzamt zahlte die entsprechenden Beträge jedoch nicht aus, sondern verrechnete sie mit alten Steuerschulden. Dagegen wehrte der Kläger sich mit dem Argument, dass dadurch der Sinn des Insolvenzverfahrens und der anschließenden Wohlverhaltensphase, dem Schuldner den Aufbau einer neuen Existenz zu ermöglichen, vereitelt werde. Dem folgten die Richter jedoch nicht. Sie hielten es – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesfinanzhofes – für maßgeblich, dass die Insolvenzordnung kein allgemeines Aufrechnungsverbot in der Wohlverhaltensphase ausspricht. Daher könne dem Finanzamt die Möglichkeit der Befriedigung alter Steuerforderungen durch Aufrechnung auch nicht verwehrt werden.
Die Entscheidungen sind rechtskräftig.
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