Aktuelle Urteile Einkommensteuer
Schweigegeld keine außergewöhnliche Belastung
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2011 machten die Kläger Aufwendungen für ein "Ermittlungsverfahren wegen Erpressung" in Höhe von rund 14.500 Euro (inkl. Anwaltskosten) als außergewöhnliche Belastungen geltend. Zur Begründung schilderten sie folgenden Sachverhalt: Im April 2005 hätten sie im Rahmen eines Auslandsurlaubs einen Teppich gekauft, der auch wenige Monate später geliefert worden sei.
Finanzamt lehnt Anerkennung ab
Sechs Jahre später habe die ausländische Lieferfirma bei ihnen angerufen und mitgeteilt, dass im Rahmen einer Prüfung durch Zoll- und Finanzbehörde festgestellt worden sei, das sie - die Kläger - bei der Ausreise seinerzeit keine Erklärung beim Zoll abgegeben hätten. Der Zoll werde - so die Auskunft der Lieferfirma - nun den Teppich konfiszieren und ein Strafgeld von 7.000 Euro kassieren, was die Kläger allerdings verhindern könnten, wenn sie das Geld über die "Western Union" versenden würden. Da man sie - so die Kläger - massiv unter Druck gesetzt habe, hätten sie zwei Überweisungen vorgenommen. Nach Auskunft ihrer Bank sei der eine Betrag schon fünf Minuten nach der Einzahlung abgehoben worden. Im Dezember 2011 hätten sie Strafanzeige erstattet und ihre Rechtsanwältin mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid ab.
Kein Erfolg vor dem Finanzgericht
Das Finanzgericht bestätigte das Finanzamt (Az. 5 K 1989/12), dass die von den Klägern gezahlten "Erpressungsgelder" nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Zur Begründung führte das FG aus, Ziel des § 33 EStG sei es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die wegen ihrer Außergewöhnlichkeit nicht pauschal in allgemeinen Entlastungsbeträgen (z. B. dem Grund- oder Kinderfreibetrag, Kindergeld usw.) berücksichtigt werden könnten. Auch Kosten, die einem Steuerpflichtigen als Folge seiner frei getroffenen Entscheidungen zur Lebensgestaltung und Lebensführung erwachsen würden, stellten keine außergewöhnlichen Belastungen dar.
BFH gibt Kriterien vor
Dementsprechend seien nach ständiger Rechtsprechung des BFH für die Beantwortung der Frage, ob Aufwendungen nach § 33 EStG zwangsläufig angefallen seien, die Ursachen zu erforschen. Entscheidend sei auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu den Aufwendungen geführt habe. Habe diese ihren Ursprung in der vom Einzelnen gestalteten Lebensführung, komme ein Abzug nicht in Betracht. Es sei insbesondere nicht entscheidend, ob sich der Steuerpflichtige subjektiv zu dieser Handlung verpflichtet gefühlt habe. Komme ein alternatives Handeln in Betracht, das nicht zu Aufwendungen führe, fehle es an der Zwangsläufigkeit, es sei denn, diese anderen Handlungsmöglichkeiten seien dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar.
Einzelfall muss betrachtet werden
Für Erpressungsgelder folge daraus, dass zwischen den Fallgruppen zu unterscheiden sei, in denen der Steuerpflichtige durch sein frei gewähltes Verhalten selbst eine wesentliche Ursache für eine Erpressung bereitet habe, und jenen, in denen es an einem solchen Verhalten fehle. Der letztere Fall könne in Betracht kommen, wenn ein Steuerpflichtiger allein aufgrund des Umstandes, dass er wohlhabend sei, zum Opfer einer Erpressung werde, bei der Angehörige oder andere nahe stehende Personen mit dem Tod oder einem anderen empfindlichen Übel bedroht würden. Anders liege der Fall dagegen, wenn sich der Steuerpflichtige strafbar oder sonst sozialwidrig verhalten oder gegen die von ihm selbst oder von ihm nahestehenden Personen für verbindlich anerkannten Verhaltensmaximen verstoßen habe. Ein auf diese Weise vom Steuerpflichtigen selbst und ohne Zwang geschaffener Erpressungsgrund nehme der Zahlung der Erpressungsgelder regelmäßig die Zwangsläufigkeit i. S. des § 33 EStG. Vor diesem Hintergrund seien die von den Klägern aufgewendeten Beträge nicht als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Denn die Erpressung gründe letztlich darauf, dass die Kläger seinerzeit (2005) die gesetzlich geschuldete Einfuhrumsatzsteuer für den Teppich nicht entrichtet hätten. Auf diesem Steuervergehen basiere letztlich der gegen sie (angeblich) gerichtete Erpressungsversuch im Jahr 2011. Zudem hätten die Kläger auch durch eine umgehende Selbstanzeige bei der zuständigen Zollbehörde und/oder einen rechtzeitigen Strafantrag gegen die Erpresser die Zahlung der "Erpressungsgelder" ohne Not abwenden können.
(FG RP / Redaktion)