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Umstrittener Beginn der Festsetzungsfrist bei Antragsveranlagungen

Das Finanzgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 28.02.2011 (Az. 10 K 3092/08) entschieden, dass auch für Antragsveranlagungen die dreijährige Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) und damit im Ergebnis eine siebenjährige Festsetzungsfrist gilt.

Zum Sachverhalt: Die Klägerin erzielte ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und war nur auf ihren Antrag hin zu veranlagen. Im Januar 2008 reichte sie ihre Einkommensteuererklärung für 2003 ein. Das Finanzamt lehnte eine Veranlagung der Klägerin mit dem Hinweis auf die inzwischen verstrichene vierjährige Verjährungsfrist (sog. Festsetzungsverjährung) ab.

Die Regelung der Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO), nach der die Festsetzungsfrist spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs nach der Steuerentstehung beginnt, war nach Ansicht des Finanzamts nicht auf Antragsveranlagungen anzuwenden.

Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt. Nach Ansicht der Richter endete die Festsetzungsfrist für Antragsveranlagungen 2003 erst am 31. Dezember 2010. Das Gericht verpflichtete daher das Finanzamt, die im Jahr 2008 eingereichte Steuererklärung noch zu veranlagen.

Das FG Stuttgart legt die Vorschrift des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO verfassungskonform dahingehend aus, dass auch für Antragsveranlagungen die vierjährige Festsetzungsfrist erst nach Ablauf von drei Jahren zu laufen beginnt, wenn nicht schon vorher eine Steuererklärung abgegeben wurde. Andernfalls käme es zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen, die verpflichtet seien, eine Steuererklärung abzugeben, und solchen, die nur auf ihren Antrag hin veranlagt werden.

Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen und ist nun unter dem Az. VI R 16/11 beim Bundesfinanzhof anhängig.

Demgegenüber hat das Finanzgericht letztes Jahr mit Urteil vom 04.05.2010 (Az. 4 K 478/10) eine entsprechende Klage auf Durchführung einer Antragsveranlagung mit der Begründung abgewiesen, die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO greife bei Antragsveranlagungen nicht. Nach Ansicht des FG gilt hier nur eine vierjährige Festsetzungsfrist mit der Folge, dass Antragsveranlagungen für 2003 nach dem 31. 12.2007 festsetzungsverjährt sind und danach vom Finanzamt nicht mehr durchgeführt werden dürfen. Es gebe hinreichende sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Pflicht- und Antragsveranlagung, die keine verfassungskonforme Auslegung erlaubten.

Auch ddieses Urteil wurde zur Revision zugelassen. Die beim Bundesfinanzhof eingelegte Revision wird dort unter dem Az.: VI R 53/10 geführt.

(FG Stuttgart / Redaktion)

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