Zur Anrechnung ausländischer Steuern
Vertragen sich die Regelungen über die Anrechnung ausländischer Steuern mit Unionsrecht?
Über diese Frage hatte jüngst der Bundesfinanzhof (BFH) zu entscheiden. Er hat durch Beschluss vom 09.02.2011 (Az. I R 71/10) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Rechtsfrage vorgelegt, ob die Regelungen in § 34c des Einkommensteuergesetzes (EStG) über die Anrechnung ausländischer Steuern auf die festgesetzte deutsche Einkommensteuer in Einklang mit den unionsrechtlichen Diskriminierungs- und Beschränkungsverboten steht.
Zum Hintergrund: Erwirtschaften Personen, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, im Ausland Einkünfte und zahlen sie darauf im Ausland Steuern, dann können diese Steuern unter bestimmten Voraussetzungen auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden, um eine doppelte Besteuerung der ausländischen Einkünfte in Deutschland und im Ausland zu vermeiden. Die Steueranrechnung ist aber der Höhe nach beschränkt, und zwar auf einen Anrechnungshöchstbetrag. Dieser Höchstbetrag ist in einer Verhältnisrechnung zu ermitteln: Die deutsche Einkommensteuer, die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens einschließlich der ausländischen Einkünfte ergibt, wird im Verhältnis der ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt. Im Ergebnis hat das zur Folge, dass vor allem solche privat veranlasste Ausgaben der Lebensführung, die vom Steuerpflichtigen im Inland steuerlich als Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können, teilweise auch auf die ausländischen Einkünfte entfallen und dadurch das Anrechnungsvolumen mindern.
Der BFH hält es für möglich, dass diese "Teilhabe" der ausländischen Einkünfte an jenen Abzugsposten unionsrechtlichen Anforderungen nicht standhält. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind derartige privat veranlasste Abzugsposten vorrangig vom Wohnsitzstaat zu berücksichtigen, nicht aber von demjenigen Staat, in dem die betreffenden Einkünfte erwirtschaftet werden.
Konkret ging es um in Deutschland zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, die Anteile an Kapitalgesellschaften in den Niederlanden, in Frankreich und Luxemburg sowie auch in der Schweiz, den USA und in Japan hielten. Sie begehren die Anrechnung von ausländischen Kapitalertragsteuern, die auf Dividenden der jeweiligen Kapitalgesellschaften in den betreffenden Staaten erhoben worden waren. Sie sehen in der beschriebenen Minderung der Anrechnungshöchstbeträge einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, die sogar weltweit, nicht nur innerhalb der Europäischen Union greifen kann. Aus diesem Grunde erstreben sie die Herabsetzung ihrer Steuerschuld um 1.200 Euro.
(BFH / Redaktion)
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